Neugestaltung Kleiststraße und Nollendorfplatz

Ziel und Hintergrund – Sünden der Vergangenheit heilen

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg beabsichtigt seit Jahren die Aufwertung des öffentlichen Raumes zwischen Wittenbergplatz und Nollendorfplatz. Mit Fördermitteln des Programms “Aktive Zentren” und Mitteln der BVG soll dies nun realisiert werden .
Teil davon ist auch die Kleiststraße, die aufgrund ihrer gestalterischen Defizite und der extremen Lärm- und Abgasbelastung wenig attraktiv ist. In den 1960er Jahren sind hier durch die damaligen Verkehrsplanungen überdimensionierte Straßen und ein autogerechter Platz entstanden.

Da kommt die Tunnelsanierung der BVG zwischen Nollendorfplatz und Wittenbergplatz dem Bezirk gerade recht. Begonnen wird mit dem Teilstück zwischen Wittenbergplatz und der Straße An der Urania. Hier verlaufen unterirdisch drei U-Bahn-Linien, deren Tunneldecken dringend saniert werden müssen. Hierzu wird die gesamte Kleiststraße einschließlich des Mittelstreifen aufgebuddelt. Eine Vollsperrung der Kleiststraße wird es nicht geben, jedoch erhebliche Einschränkungen in beide Richtungen. Die Bauarbeiten sollen mindestens drei Jahre dauern.

Anwohner wünschen sich breitere Gehwege, andere eine schönere Promenade

Im Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten der BVG wurde über die Neugestaltung des gesamten Gebiets diskutiert. Es gibt Ideen, die überbreiten Straßen zurückzubauen. Bereits nach den Tunnelsanierungsarbeiten der BVG am Wittenbergplatz in westlicher Richtung, wurde der Tauentzien mit Granitsteinbeeten und Eibenhecken neu gestaltet. Für das Herrichten der Straße nach den Sanierungsarbeiten ist die BVG zuständig. Hierfür werden bei der BVG etwa eine Million Euro veranschlagt. Die veranschlagten Kosten der BVG nutzt nun der Bezirk um den öffentlichen Raum aufzuwerten. Sofern die BVG-Mittel, für die vom Bezirk geplante Neugestaltung nicht ausreichen, werden die zusätzlichen Kosten mit eigenen und Fördermitteln aufgestockt.

Die Zukunftsvision

Im August 2013 wurden erste Ideen zur Umgestaltung in der Urania vorgestellt. Im Mittelpunkt der Planung stand der Bereich zwischen Wittenbergplatz und der Straße An der Urania. Hier ist die U-Bahn frequentierter als die Gehwege. Eine Idee ist, auf dem Abschnitt je eine Autofahrbahn pro Richtung wegzunehmen. Damit wäre es möglich, entweder die Gehwege auf beiden Seiten so zu verbreitern, dass eine zweite Baumreihe gepflanzt werden könnte. So entsünde eine Art Boulevard. Eine andere Möglichkeit wäre, den bestehenden Mittelstreifen von zehn auf vierzehn Metern zu verbreitern und künftig durch Aktivitäten wie eine temporäre Outdoor-Galerie oder Marktangebote zu beleben.

Nollendorfplatz soll “Tor zur City-West” werden

Nach der Definition der Berliner Stadtentwicklungsverwaltung endet der definierte Bereich der “City West” am Wittenbergplatz. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg will nun den Bereich bis zum Nollendorfplatz aufwerten und der Nollendorfplatz soll zum “Tor zur City West” werden. Die SPD freut sich. Hatte doch die BVV im vergangenen April das Konzept zur Neugestaltung des Nollendorfplatzes auf Initiative der SPD- Fraktion Tempelhof- Schöneberg als Leitbild beschlossen. Das Verkehrs-
geschehen soll auf dem Platz moderater ausfallen und für Fußgänger und Radfahrer sollen attraktivere Flächen zur Verfügung stehen. Geplant ist hierbei, die Mittelinsel mit dem U- Bahn-Eingangsbereich zu vergrößern und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Für die Umgestaltung des Nollendorfplatzes sollen nun die Untersuchungen der verkehrsablauftechnischen Machbarkeit vertieft werden. Jedoch hat der Bezirk für die Neugestaltung des Nollendorfplatzes keine ausreichenden finanziellen Mittel. Da die BVG auch in diesem Bereich die Tunneldecken und das Hochbahnviadukt sanieren muss, sollen die Mittel der BVG für die Wiederherstellung in den Ist-Zustand für eine Umgestaltung genutzt werden. Des Weiteren hofft der Bezirk, dass noch fehlende Mittel vom Land Berlin zur Verfügung gestellt werden.

Ausstellung der Ergebnisse

Die Neugestaltung der Kleiststraße zwischen Wittenbergplatz und Courbière- und Eisenacher Straße hat das Büro hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH gewonnen. Der Siegerentwurf sowie die Arbeiten der beiden anderen am Verfahren beteiligten Büros werden in der Zeit vom 16.01.2015 bis inkl. 30.01.2015 im Foyer der Urania ausgestellt. Zur Ausstellungseröffnung am 16.01.2015 und 17.30 Uhr werden in Anwesenheit von Frau Dr. Sibyll Klotz, Bezirksstadträtin für Gesundheit, Soziales, Stadtentwicklung, sowie Vertretern des Büros hutterreimann die Ergebnisse des Verfahrens und der weitere Planungs- und Umsetzungsprozess erläutert.

Die pflegeleichte Stadt

Bleibt nun erstmal abzuwarten, wie der Siegerentwurf des Büros hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH aussieht. Ich ahne schlimmes, wenn ich an die Neugestaltung des Tauentziens und die Neugestaltung des Vorplatzes der Urania denke. Mittelstreifen halte ich bei belebten Straßen nicht für sinnvoll, da sie keine Aufenthaltsqualität bieten können. Zudem gibt es die Mittelstreifen nur, weil hier früher einmal die Straßenbahnen – neudeutsch Tram – fuhren.
Allein, wenn ich die Begrifflichkeit “Tor zur City West” höre, befürchte ich, dass alles wieder nur ganz klein-klein-kariert provinziell gestrickt ist. “City West” oder auch “City Ost” – was ist das eigentlich? Es gibt zwar eine Begriffsdefinition der Stadtentwicklung, aber ich finde das in keinem Straßenatlas verzeichnet. Ich kenne niemanden, der sagt, ich gehe mal in die “City West”. Da geht man zum Tauentzien oder zum Ku’damm oder wenn man in den Randgebieten wohnt, dann fährt einfach in die Stadt.
Vor einigen Wochen feierten wir das 25-jährige Jubiläum zum Mauerfall. Anstatt, dass die für Politik und Stadtentwicklung Verantwortlichen, nach einem viertel Jahrhundert die Innenstadt Berlins endlich neu entdecken und gestalten, wird mit Begrifflichkeiten wie “Tor zur City West” das Gedenken an die einstige Teilung der Stadt weiter aufrecht gehalten. Verkrustet in den Gedanken des alten West-Berlins.
Wenn man bei der Neugestaltung der Kleiststraße und des Nollendorfplatzes die Fahrbahnen verschmalert, sollte man auch darüber nachdenken, der Berliner Halbmarathon- und Marathon-Veranstaltung, den Skatern, dem CSD usw. eine neue Streckenführung zu geben.

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Gregor Selle

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