Puppentheater … ohne Puppen!?
Ein kritischer Bericht.
Gegründet von Barbara Kilian und Siegfried Heinzmann startete das Theater 1981 in den Mehringhöfen in Kreuzberg. Bald schon wurden die dortigen Räumlichkeiten zu klein und man zog nach langen Verhandlungen mit dem Senat 1993 in eine abrissreife Tischlerei am Winterfeldtplatz, die zuvor in einjähriger Bauzeit mit öffentlichen Haushaltsmitteln in Höhe von 1,25 Mio. EUR eigens für das Theater umgebaut wurde. Seitdem begeistert es dort seit mehreren Generationen Kinder und in den Abendstunden Erwachsene mit ihren Vorstellungen … die Loriots „Dramatischen Werke“ bestaunte der Meister 2 Jahre vor seinem Tod höchstpersönlich und er fand die menschengroßen Puppen ohne die typischen Knollnasen überraschend komisch.
Das über die Bezirksgrenzen hinaus bekannte und durchaus beliebte Puppentheater „Hans Wurst Nachfahren“ steht jetzt vor dem Aus. „Wie schrecklich“ oder „Das geht ja gar nicht“ werden jetzt einige sagen. Ist das wirklich so und was ist passiert?
Durch den Umbau aus öffentlichen Haushaltsmitteln verpflichtete sich die damalige Eigentümerin, die TFG Treufonds Verwaltungs GmbH & Co KG, die Räumlichkeiten mindestens 20 Jahre kulturell zu nutzen. Demnach war vom ersten Tag klar, dass bereits Ende 2013 Schluß sein wird. Seit 2012 trug sich die Eigentümerin mit dem Gedanken, das Haus zu verkaufen und schleuste Interessenten durch das Theater. Schlußendlich wurde das Objekt im Dezember 2013 an den Künstler Jörg Hiller alias Konrad Sprenger verkauft. Zuvor wurde der Mietvertrag durch die Alt-Eigentümerin bis Ende 2014 noch verlängert.
Mit dem neuen Eigentümer konnte zuerst eine Mietverlängerung bis Ende März 2015, nach weiteren Gesprächen seitens des Senats bis Ende September 2015 erwirkt werden. Somit ist die Spielzeit 2014/2015 gesichert und es bleibt genügend Zeit das Haus zu räumen.
In all der Zeit gab es keine nennenswerten Aktionen seitens der Puppenspieler, die auf die besondere Situation des Theaters aufmerksam machten. Selbst die Anwohner*innen des Kiezes erfuhren erst im Juni dieses Jahres aus den Medien über das bevorstehende Aus und gründeten spontan eine Initiative „Aktion Kiezkultur“, die sich für den Erhalt des Theaters … nein, eher für den Erhalt des Standortes als Kulturstätte einsetzen.
Und die Betreiber selbst? Begeben sich in trostlose Diplomatie und warten auf ein Wunder. Von seinem Publikum hat man sich mit einem Aushang und auf der Webseite bereits verabschiedet. Wie in all den Jahren zuvor, ist die Erwartungshaltung an die Politik sehr hoch. Vorrangig wichtig war, dass die Spielzeit 2014/2015 beendet werden kann. Nach Aussage der Betreiber Kilian/Heinzmann würde man ja noch 2 oder 3 Jahre weiter machen, wenn man sie denn ließe und sich die Bedingungen ändern würden. Es fehlt allerdings an einem Konzept. Lediglich einen Spielplan bis 2018 gibt es. Eine Nachfolgeregelung ist nicht vorhanden, von den anderen Mitgliedern des Ensembles ist niemand bereit, das Theater fortzuführen.
Da fällt es schwer, bei so viel fehlendem Aktionismus und Enthusiasmus für die Sache, sich für das Theater zu engagieren.
Der neue Eigentümer, Jörg Hiller alias Konrad Sprenger, selbst Künstler, Komponist und Musikproduzent wird das Haus sicherlich als Kulturstätte in seinem Sinn fortführen. Dass er das Haus zu einem Schwimmbad, Restaurant o.ä. umfunktionieren wird, ist wohl nicht zu erwarten.
Sicherlich wird der neue Eigentümer mit seinen Ideen ein neues, anderes Publikum in den Kiez ziehen. Vielleicht knüpft er auch an die hippen Zeiten der Kulturszene aus früheren Jahren, wofür der Kiez bekannt war, an. Manchmal muss man eben auch alte Zöpfe abschneiden und sich für Neues öffnen.
Ist das nun alles wirklich so schlimm? Sicherlich nicht.
Danke, liebes Puppentheater, dass ihr unseren Kiez über viele Jahre bereichert und viele Kids über Generationen begeistert habt.